Heinz-Feuchter-Weg

Heinz Feuchter – Widerständler,  Sozialist, Freidenker 

Heinz Feuchter, geboren in Günzburg am 23. August 1927, wuchs in Ulm auf und verbrachte dort den Großteil seines Lebens bis zum Tod am 28. Oktober 2004. 

Die Traditionen der sozialistischen Arbeiterbewegung in seinem Elternhaus und seine beiden Schulfreunde in der Kepler- Schule, Fritz Bauknecht und Reinhold Settele, die ähnlich orientierten Elternhäusern entstammten, „imprägnierten“ Feuchter gewissermaßen gegen Zwang und Verführungen des nationalsozialistischen Umfelds, denen er bei der HJ, den Flakhelfern und bei der Wehrmacht ausgesetzt war.

Mit seinen Freunden plante und verwirklichte er in der letzten Kriegsphase kleine, aber hochgefährliche Widerstands-Akte. So brachten sie z.B. am Ulmer Theater im Jahr 1944 ein selbst gebasteltes Plakat an mit der Inschrift: „Geschlossen zum Zweck der Kriegsverlängerung“. Feuchter und seine Freunde erlebten und überlebten am 17. Dezember 1944 den schwersten Bombenangriff auf Ulm. Er selbst, der im April dieses Jahres 1944 die Schule beendet und eine Lehre als Vermessungstechniker am Stadtmessungsamt Ulm begonnen hatte, musste doch eine Woche später, am zweiten Weihnachtsfeiertag 1944, noch als Soldat zur Wehrmacht.

Angesichts der Verheerungen des Krieges und des Nazi-Regimes fällte er um 1945 den Lebensentschluss, Atheist zu werden, wiewohl er von der Mutter katholisch erzogen worden war. Er schreibt in einem Selbstportrait im Jahr 2003 zu diesem Entschluss: „Ist das ein gerechter Gott, der alle über einen Kamm schert, egal, was er gemacht hat und was er war, ob er Nazi war oder dagegen, ob er eine Menge Menschen auf dem Gewissen hat oder nicht?“

Im Herbst 1945 wurde er Mitglied der SPD und Mitbegründer der sozialistischen Jugendgruppe „Falken“ in Ulm. Später engagierte er sich in einem zentralen Teil der von den Nazis fast zerstörten Arbeiterkultur, dem sozialistischen Liedgut. Er wurde 1979 Mitbegründer des „Arbeiterchores 1.Mai“, später Mitglied der Songgruppe „Trotzdem“. An fast allen Aktionen und Kundgebungen gegen die vielfältigen Restaurationsversuche der weiteren Nachkriegszeit, wie Wiederbewaffnung, Notstandsgesetze, Berufsverbote, nahm er engagiert Anteil. Dabei begleitete ihn seine Frau Hilde, geborene Häusele, die er 1956 geheiratet hatte und mit der er zwei Töchter, Martina und Claudia, bekam.

Eine prägende Erfahrung war für die junge Familie ein mehrjähriger Aufenthalt (aus gesundheitlichen Gründen) in Marokko, wo er - ebenso wie danach wieder bei der Stadt Ulm - als Geometer arbeitete. Seine atheistische Überzeugung setzte er im November 1980 mit der Gründung der „Ortsgruppe Ulm im Deutschen Freidenkerverband“ um. Als überzeugter Pazifist beriet er regelmäßig Kriegsdienstverweigerer. Dieser grundlegende Pazifismus brachte ihn im Jahr 1999 – nach 53-jähriger Mitgliedschaft – dazu, der SPD den Rücken zu kehren als diese an der Regierung war und den Einsatz der Bundeswehr im Kosovo-Krieg anordnete.

In der Dauerausstellung in der Ulmer Volkshochschule zum Jugendwiderstand in Ulm („wir wollten das Andere“ ) ist Feuchter, zusammen mit seinen beiden lebenslangen Freunden Fritz und Reinhold, präsent. Die „Freidenkerinnen und Freidenker Ulm/Neu-Ulm e.V.“ brachten kurz nach seinem Tod eine Broschüre heraus, die den Titel trägt: „Lebenslinien eines Freidenkers. Heinz Feuchter, 23.8.1927 bis 28. Oktober 2004“. 


Autor: Dr. Silvester Lechner
erschienen im bbb-33, September 2013

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